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Auswirkungen von Hintergrundschall auf das Lesen und Verstehen von Texten

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Liebl, Andreas:
Auswirkungen von Hintergrundschall auf das Lesen und Verstehen von Texten.
2006. - 161 S.
(Dissertation, 2006, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt)

Volltext

Kurzfassung/Abstract

In drei Experimenten wird die Sensitivität von Prozessen des Lesens und Textverstehens gegenüber Beeinträchtigungen durch verschiedene sprachliche und nicht-sprachliche Hintergrundschalle geprüft. Die Untersuchungen gründen auf der im Rahmen der Arbeitsgedächtnisforschung belegten Störwirkung von Hintergrundschallen. Das kurzzeitige Erinnern von Sequenzen sowohl visuell als auch auditiv präsentierter Stimuli wird durch die Darbietung von Schallen mit deutlicher temporal-spektraler Variabilität (Changing State) im Vergleich zur Aufgabenbearbeitung in ruhiger Umgebung gestört, obwohl die Probanden dazu angehalten sind, den für die Erinnerungsaufgabe irrelevanten Hintergrundschall nicht zu beachten. Dieses zuverlässig nachweisbare Phänomen ist unter der Bezeichnung Irrelevant Sound Effect bekannt. Unklar ist bislang allerdings, ob dieser Effekt auch auf andere Aufgabenstellungen übertragbar ist. Auf Grundlage eines arbeitsgedächtnisbasierten Erklärungsansatzes für das Zustandekommen des Irrelevant Sound Effect (Working Memory Model) und eines Modells zum Lesen und Textverstehen (Construction Integration Model) wird ein Zusammenhang zwischen Leistungen des Arbeitsgedächtnisses und dem Lesen und Verstehen von Texten hergestellt. Darauf aufbauend wird angenommen, dass sich Beeinträchtigungen durch die Darbietung von Hintergrundschallen mit deutlicher temporal-spektraler Variabilität auch beim Lesen und Textverstehen einstellen. Aufgrund der wesentlichen Bedeutung inhaltlicher Verarbeitungsvorgänge beim Lesen und Verstehen von Texten wird semantisch bedeutungsvollem – weil verständlichem – muttersprachlichem Hintergrundsprechen im Gegensatz zu fremdsprachlichem Hintergrundsprechen und einem Straßenverkehrsgeräusch eine besondere Störwirkung zugeschrieben. Allerdings wird von letzteren, aufgrund ihrer temporal-spektralen Variabilität, im Vergleich zu Ruhe ebenfalls eine Beeinträchtigung erwartet.
Im ersten Experiment (n1=n2=n3=n4=20) zeigt sich eine Störung von Speicher- und Verarbeitungsvorgängen beim Lesen und Textverstehen ausschließlich durch semantisch bedeutungsvolles Hintergrundsprechen. Diese spiegelt sich in einem Anstieg der Fehlerraten bei der Endwortreproduktion und Inhaltsbeurteilung eines Lesespannentests wider.
Bei der Verifikation unterschiedlicher Satzkonstruktionen ergibt sich im zweiten Experiment (n1=n2=n3=n4=24) ebenfalls eine Beeinträchtigung durch semantisch bedeutungsvolles Hintergrundsprechen, die sich besonders in einem Anstieg der Fehlerraten bei der Bearbeitung ambiguer Satzkonstruktionen manifestiert. Des Weiteren führt die Darbietung des muttersprachlichen Hintergrundsprechens zu einer Beschleunigung der Aufgabenbearbeitung.
Im dritten Experiment (n1=n2=n3=n4=24) bearbeiten die Probanden eine mehrteilige Aufgabenstellung. Dabei werden die Korrektur eines Textes, das Wiedererkennen von Sätzen aus dem Text und die Beantwortung von inhaltlichen Fragen zum Text verlangt. Wiederum stellen sich Störwirkungen ausschließlich unter Darbietung von semantisch bedeutungsvollem Hintergrundsprechen ein. Diese schlagen sich in einem tendenziellen Anstieg übersehener grammatikalischer Fehler, einer niedrigeren Punktzahl bei der Beantwortung von Textfragen sowie in einer Veränderung des Urteilsverhaltens im Wiedererkennungstest nieder.
Beeinträchtigungen durch die Präsentation von muttersprachlichem Hintergrundsprechen im Vergleich zu Ruhe lassen sich demnach in verschiedenen Aufgabenstellungen zum Lesen und Textverstehen aufzeigen. Diese Störwirkung von semantisch bedeutungsvollem Hintergrundsprechen ist vom Irrelevant Sound Effect abzugrenzen, da der semantische Gehalt von Hintergrundschallen für dessen Zustandekommen nachgewiesenermaßen nicht relevant ist. Im Rahmen des Irrelevant Sound Effect wären außerdem auch negative Auswirkungen durch fremdsprachliches Hintergrundsprechen und das Straßenverkehrsgeräusch zu erwarten, die sich jedoch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht nachweisen lassen.
Die Besonderheit des semantisch bedeutungsvollen Hintergrundsprechens spiegelt sich auch in den subjektiven Urteilen der Probanden zur Wahrnehmung der Situation während der Aufgabenbearbeitung wider. Demnach wird die Bearbeitung der Testaufgaben bei Präsentation des semantisch bedeutungsvollen Hintergrundsprechens als schwieriger erlebt. Mit zunehmender Versuchsdauer zeigt sich unter Darbietung des semantisch bedeutungsvollen Hintergrundsprechens im Vergleich zu Ruhe auch ein deutlicher Anstieg der von den Probanden berichteten Beanspruchung. In Bezug auf die empfundene Ermüdung werden auch negative Auswirkungen durch das fremdsprachliche Hintergrundsprechen und das Straßenverkehrsgeräusch beschrieben.
Die geschilderten Untersuchungsergebnisse werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit bezüglich ihrer theoretischen Bedeutung und ferner im Hinblick auf anwendungsbezogene Implikationen diskutiert.

Weitere Angaben

Publikationsform:Hochschulschrift (Dissertation)
Schlagwörter:Textverstehen , Arbeitsgedächtnis , Lärm , Beanspruchung , Störung
text comprehension, working memory, noise, stress, disturbance
Institutionen der Universität:Philosophisch-Pädagogische Fakultät > Psychologie > Professur für Allgemeine Psychologie II
Philosophisch-Pädagogische Fakultät > Dissertationen / Habilitationen
Titel an der KU entstanden:Ja
KU.edoc-ID:2441
Eingestellt am: 28. Aug 2009 10:16
Letzte Änderung: 01. Jan 2010 21:31
URL zu dieser Anzeige: https://edoc.ku.de/id/eprint/2441/
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